Vortrag von Michael Kolinski am 13. September 2024

Anlässlich des Jubiläums wird ein ganzes Jahr lang mit verschiedenen Veranstaltungen und Aktionen an die Klostergründung und die Weihe im Jahr 1325 erinnert werden. Der Historischen Verein Schiltach/Schenkenzell und die Seelsorgeeinheit Kloster Wittichen werden mit dem Vortrag „700 Jahre Kloster Wittichen – ein Blick in seine wechselvolle Geschichte“ dabei den Anfang machen.


Den Anstoß zur Klostergründung gab die um 1291/92 im Vortal geborene Luitgard, eine Frau aus bäuerlichen Verhältnissen, die schon 20 Jahre Dienst im Beginenkloster in Oberwolfach hinter sich hatte, als sie den göttlichen Auftrag zur Errichtung einer Klause erhielt. Mit Unterstützung der Grafen von Geroldseck und nach Überwindung vieler Hindernisse konnte sie schließlich mit 33 weiteren Frauen in ihr kleines Kloster unterhalb der aufgelassenen Burg Wittichenstein einziehen, das nach der Ordensregel der Franziskaner-Terziarinnen geführt wurde. Schon zwei Jahre nach der Weihe brannte es nieder, aber mit großzügiger Unterstützung der Königin Agnes von Ungarn ging der Wiederaufbau voran, Nachweise über Schenkungen im Umland, bis Straßburg und in die Schweiz hinein nehmen zu. Die Stifterin Luitgard verstarb am 16. Oktober, die Angaben zum Jahr schwanken zwischen 1347 und 1349. Der Bestand des Klosters war dadurch jedoch nicht gefährdet, gut 25 Jahre später nahm die Gemeinschaft die Regeln des Klarissenordens an.

In den Wirren der Reformationszeit konnte die Auflösung des Klosters abgewendet werden, der 30-jährige Krieg brachte Plünderungen und erneut Brände, die einstige politische und wirtschaftliche Bedeutung konnte danach nicht mehr erreicht werden. 1629 öffnete ein Franziskanerpater Luitgards Sarg und fand, wie er in einem Protokoll festhielt, neben dem verwesten Leichnam in der Hirnschale „das ganz frische Gehirn mit allen Äderlein und Fugen vollständig und unverwest (…) grade, als wäre es zur selben Stunde hineingelegt worden“. Die Kunde von dieser Entdeckung verbreitete sich wie ein Lauffeuer und die Verehrung Luitgards nahm weit über die Region hinaus zu. Wallfahrten und damit Versorgung und Beherbergung der Pilger gewannen für das Kloster an Bedeutung. Im 18. Jahrhundert wurde der Kirchenraum mehrmals umgestaltet. Im Zuge der Säkularisierung wurde das Kloster im Herbst 1802 aufgehoben, Grund und aller Besitz gingen an das Haus Fürstenberg über. Die Nonnen hatten zwar weiter Wohnrecht, die Einkünfte zum Lebensunterhalt waren aber weggebrochen. Der Tod der letzten Bewohnerin ist für 1841 überliefert. Ab Mitte der 1850er Jahre wurden große Teile der einst umfangreichen Klosteranlage abgerissen, lediglich die Klosterkirche mit ihrer barocken Ausstattung, der „lange Bau“ und das Fachwerkgebäude des Klosterstalls blieben erhalten. Das Grab der Stifterin mit der reliefgeschmückten Grabplatte im Kircheninnern ist bis heute Ziel von Wallfahrern geblieben.

In seinem Vortrag am Freitag, den 13. September 2024 um 19 Uhr im Klostersaal
Wittichen
wird der Historiker, Theologe, Lehrer und Heimatforscher Michael Kolinski zu einem
Streifzug durch die reiche Geschichte des Klosters aufbrechen, bei dem nicht nur die Höhen und
Tiefen der Klostergeschichte betrachtet, sondern auch Einblicke in den Alltag des einstigen
Klosterlebens nicht zu kurz kommen werden.

Schiltach/Schenkenzell, im August 2024 / rm